Zu den von der Forschung bislang wenig beachteten Bereichen der Literaturgeschichte zählen die kleineren, meist pseudonym überlieferten Bibeldichtungen der Spätantike. Mit der vorliegenden Publikation wird eines dieser Werke, das Doppelgedicht "In Genesin – De Evangelio" des sog. Pseudo-Hilarius, auf der Basis eines völlig neu konstituierten Textes erstmals seit dem Teilkommentar von J. Weitz (1625) nach philologischen, aber auch theologischen Gesichtspunkten durchgehend kommentiert und für den modernen Leser, nicht zuletzt auch durch Beigabe einer in Abschnitte unterteilten Übersetzung, erschlossen. Die umfangreiche Einleitung beleuchtet die Überlieferungs- und Editionsgeschichte ebenso wie (hier ist der Abschnitt In Genesin von besonderem Interesse) die theologische und literaturgeschichtliche Positionierung des Textes und versucht überdies den seit der letzten, schon bei ihrem Erscheinen heftig kritisierte Edition (CSEL 23, ed. R. Peiper, 1891) Desiderat gebliebenen Nachweis der Zusammengehörigkeit der beiden versprengten Gedichtteile zu einem einheitlichen Ganzen zu führen: Wesentliche Elemente hierbei sind außer sprachlichen und motivischen Parallelen die in beiden Gedichthälften beobachtbare subtile Polemik gegen Lukrez sowie die Funktion des Doppelgedichtes als Paraphrase der Meßliturgie, gleichsam in Vorwegnahme des Prinzips der mittelalterlichen Tropen. Überlegungen zu Inhalt und Umfang des verlorenen Schlusses von "De Evangelio", wofür auch Parallelen aus der Kunstgeschichte heranzuziehen sind, runden diesen Kommentar eines bislang unterschätzten Gedichtes ab.