Vom Umgang mit Schätzen
Internationaler Kongress Krems an der Donau 28. bis 30. Oktober 2004
Der Band ist das Ergebnis einer internationalen Tagung des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit, welche sich mit der Frage von Funktion und Bedeutung von Schätzen in der mittelalterlichen Gesellschaft beschäftigte. Während die Bedeutung von Schätzen in antiken und frühmittelalterlichen Gesellschaften als relativ gut erforscht gelten kann, rückt dieses Thema für jüngere Zeiten erst seit kurzem in den Blick der historischen Forschung. Als Zugang zum Thema wurde dabei weniger eine Phänomenologie des Gegenstands im Sinne einer durch Vergleich und Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen zu erzielenden Definition, sondern in der Tradition der realienkundlichen Forschung des Veranstalters die Mensch-Objekt-Beziehung in den Mittelpunkt gestellt. Ziel war es also, über das Handeln von Menschen mit Schätzen eine Annäherung an Schatzbegriffe im Zeitraum zwischen 1200 und 1630 zu erreichen, wobei der soziale bzw. individuelle Aktionsrahmen von Produktion und Vertrieb, dem Erwerb und Sammeln von Schätzen durch Kauf, Tausch, Diebstahl, Schenken und Beschenkt werden, Suchen und Finden, dem Verbergen und zur Schau stellen bis hin zu Fragen des Transportwesens reicht. Ein zweiter, für die Realienkunde charakteristischer Zugang war die Frage, inwieweit unterschiedliche Quellentypen und -kontexte zu unterschiedlicher Schatzbegrifflichkeit in den historischen Disziplinen geführt haben beziehungsweise führen. Die Vielfalt der im Tagungsband enthaltenen Beiträge zeigt auf, dass Schätze eine ungewöhnlich große Dynamik in ihrer Zusammensetzung haben und dynamische Prozesse auslösen können. Wesentliche Elemente der Dos-Gesellschaft des Frühmittelalters können auf den Umgang mit Schätzen im Spätmittelalter und Neuzeit noch beobachtet werden, wie das Aufbauen sozialer Bindungen durch wechselseitige Geschenke und das Konstruieren und Tradieren identitätsstiftender Geschichten mit und durch den Erwerb von Objekten. Der Schatz kann aber auch ein die gesellschaftliche Ordnung bedrohendes Element werden, wenn er „in falsche Hände“ gerät. Diese obrigkeitliche Sicht tritt in vielen Quellengattungen zu Tage, sie wird vor allem aber in der seit dem 19. Jahrhundert für das Bild des Schatzes prägenden Geschichte thematisiert: dem Nibelungenlied. Neu ist der verstärkte ökonomische Blick „hinter den Schatz“, der eine vielfältige gesellschaftliche Umwelt von Produzenten und Dienstleistungen um den Umgang mit Schätzen aller Art zu erkennen gibt. Viele Schätze, die bislang nur als museale Prachtstücke im Vordergrund standen, werden dadurch erst wieder in ein historisches soziales Umfeld eingebettet. Vor allem aber wird durch die Spuren, die der vielfältige Umgang der Menschen mit Schätzen aller Art hinterlassen hat, ein zentrales Charakteristikum deutlich: Der Schatz als Medium, sei es als Handelsgut, Familienerbe, integrativer Bestandteil von Herrschaftsausübung, Lebens-Versicherung im weitesten Sinne usw.; selbst als nicht-sichtbares Phänomen gehört er zur Lebenswirklichkeit des Menschen.