Die Auswertungen der archäologischen Grabungen von Nag‘ el-Scheima, die 1963-1965 im Auftrag der UNESCO von Österreich im nordnubischen Nildelta durchgeführt wurden, bietet das anschauliche Bild von einem kontinuierlich besiedelten Gemeinwesen von der Spätantike bis ins Hochmittelalter. Durch Entwicklung einer verfeinerten Methode der Keramikanalyse konnte ein präzises Datierungssystem der Fundschichten erstellt werden. Ausführliche Untersuchungen legen neue Ergebnisse der Architekturgeschichte im christlich-mittelalterlichen Nubien sowohl im Bereich des Festungsbaues als auch der Sakralbaukunst vor. So wird das bisher ungeklärte Motiv des Ostdurchgangs im Chorbereich der Kirchen aus der an Jerusalem orientierten religiösen Praxis der nubischen Christen erklärt. Ausführliche Forschungsergebnisse betreffen die Entwicklung der Wandmalerei sowie den reichen Bestand kunsthandwerklicher Importgegenstände, die den hohen Lebensstandard der Bewohner dieser Siedlung reflektieren. Spezielle Studien galten auch den Textil- und Pflanzenfunden. Der archäologische Befund läßt in vielen Einzelheiten ein dramatisches Ende des christlichen Lebens an diesem Ort erkennen, welches um 1172 anzusetzen ist.