Die vorliegende Monographie untersucht die exegetischen Techniken Augustins in seinen drei Genesiskommentaren und ist primär einer philologischen Fragestellung verpflichtet. Augustinus wird dabei als Grammaticus und Rhetor in den Kontext der zeitgenössischen Textdeutung gerückt, die besonders von der Gattung des Kommentares geprägt war. Durch das Fehlen lateinischer Genesiskommentare im zeitlichen Umfeld des Kirchenvaters muss über den Umweg der reichlich vorhandenen Galaterbriefkommentare (Marius Victorinus, Hieronymus, Ambrosiaster, Augustinus) jenes Vergleichsmaterial gewonnen werden, das die Beurteilung der Spezifika des Kommentators Augustinus ermöglicht. Daher werden im ersten Hauptteil ausgehend von den Galaterbriefkommentaren die jeweiligen Unterschiede in der Interaktion zwischen dem Interpreten und seinem Text herausgearbeitet. Diese Ergebnisse werden im zweiten Teil des Buches auf Augustins Genesiskommentare umgelegt, wobei besonders die Worterklärung, Fragen der Sprachrichtigkeit sowie die Figurenlehre im Vordergrund stehen. Durchgehend von Interesse ist die Art der Implementierung des biblischen Texts in die Auslegungsprosa. All diese Beobachtungen zur grammatischen Exegese und zur Disposition der Kommentare zeigen, dass Augustins hermeneutische Grundschrift De doctrina Christiana als Systematisierung einer bereits vorher am biblischen Schöpfungsbericht praktizierten Exegese verstanden werden kann. Diese unterliegt einer starken Rhetorisierung, die zuweilen zur Aufgabe der Kommentarform zugunsten eines pastoralen Anliegens führt. Die Hl. Schrift selbst stellt ein polyvalentes Zeichensystem dar, dessen Bedeutung vom gläubigen Leser weitergeschrieben werden kann.