Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, Band 166

In diesem Beitrag werden die vergeschlechtlichten Ungleichheiten und Herausforderungen, denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Geographischen Instituten an österreichischen Universitäten ausgesetzt sind, untersucht. Auf Basis qualitativer Interviews mit Postdoktorand/inn/en und Professorinnen wird gezeigt, dass Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergleichstellung und -gerechtigkeit implementiert wurden, diese jedoch in der Praxis oft hinter den Erwartungen zurückbleiben. Zentrale Probleme umfassen die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit, intransparente Anstellungsverfahren und die persistente Präsenz vergeschlechtlichter Mikroaggressionen. Trotz Fortschritten bei der Anzahl von Frauen in akademischen Positionen bestehen weiterhin strukturelle Benachteiligungen, insbesondere für Frauen mit Kinderbetreuungspflichten. Der Artikel beleuchtet, wie diese Faktoren die Karrierewege und den Arbeitsalltag von Geographinnen und Geographen in Österreich prägen.

Keywords: Geschlechtergerechtigkeit, Gleichstellung, österreichische Geographie-Institute, Care-Arbeit, Intransparenz, Mikroaggressionen

In den letzten Jahrzehnten hat sich Migration in Europa von einer überwiegend temporären Arbeitsmigration zu einem langfristigen, dauerhaften gesellschaftlichen Prozess entwickelt. Diese Veränderung wird zunehmend im gesellschaftlichen Diskurs reflektiert. Neu an diesem Diskurs ist die steigende Anerkennung, dass Migration auch Veränderungen der sozialen und politischen Strukturen mit sich bringt. In diesem Zusammenhang wird der Begriff „Teilhabe“ immer relevanter. Die neue Begrifflichkeit deutet auf eine breitere gesellschaftliche Debatte hin, die auch Fragen zu gesellschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten, sozialen Rechten und politischer Mitbestimmung von Zugewanderten aufwirft. In diesem Zusammenhang finden auch neue Aushandlungsprozesse um Raum statt, welche zunehmend zwischen Flexibilität und Unveränderbarkeit kontrahieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Artikel mit den Wechselwirkungen von Migration, sozialen Strukturen und räumlichen Prozessen. Im ersten Schritt werden verschiedene sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Teilhabe und Migration analysiert und die Rolle von Raum herausgearbeitet. Dabei wird deutlich, dass die Differenzierung zwischen gesellschaftlichem Diskurs und Forschungsdiskurs entscheidend ist, um den komplexen Übergang von Migration als temporärem Phänomen hin zu einem langfristig anerkannten, gesellschaftlich relevanten Prozess zu verstehen. Hierin stößt die Soziale Arbeit als die den Teilhabebegriff prägende Disziplin an ihre Grenzen und die Forschung steht vor Herausforderungen. Aus den verschiedenen disziplinären Perspektiven wird jedoch deutlich, dass Teilhabe, Migration und Raum wissenschaftlich vor allem durch die Zusammenhänge von (Macht-) Ungleichheit, das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft und ein relationales Verständnis zu verstehen sind. Mithilfe einer systematischen Literaturanalyse wird im zweiten Schritt untersucht, was die raumbezogene, deutschsprachige Forschung zu diesem Diskurs beitragen kann. Im Ergebnis können theoretische Ansätze wie Migrationsregime und Urban Citizenship den wissenschaftlichen Diskurs um machtvolle und ungleiche Raumkonstellationen erweitern. Sie verweisen auch auf die kontrahierenden Aushandlungsprozesse von bzw. um Raum.

Keywords: Teilhabe, migration, Raumverständnis, Soziale Strukturen, räumliche Prozesse, Interdisziplinarität, systematische Literaturanalyse

Als zweitgrößter Kaffeeproduzent der Welt ist Vietnam in hohem Maß von einem effizienten und nachhaltigen Kaffeeanbau abhängig. Dies gilt insbesondere für die Kleinbauern, die für 95 Prozent der Produktion verantwortlich sind. Immer mehr von ihnen sehen ökologische und ökonomische Vorteile in der Umstellung von einem input- und kostenintensiven sowie umweltschädlichen Anbau auf nachhaltige Anbaumethoden. Da die nachgelagerten Akteure der Kaffeewarenkette, vor allem die „umweltbewussten“ Kunden im Globalen Norden, dies erwarten, entscheiden sich auch immer mehr Kaffeebauern dafür, nach nachhaltigen Standards zu wirtschaften und dies zertifizieren zu lassen. Auch wenn der Druck dazu steigt, ist die Entscheidung dafür oder dagegen freiwillig und basiert auf einer Abwägung von Vor- und Nachteilen. Dies gilt im Prinzip nicht mehr seit der EU-Entwaldungsverordnung 2023, die nicht-nachhaltiges Verhalten, das heißt, Abholzen oder Waldschädigung im Zusammenhang mit dem Kaffeeanbau, ohne Gegenleistung sanktioniert. Dies ist eine neue Stufe des Nachhaltigkeitsverständnisses, das zwar aus der Einsicht in die globale Vernetzung erwächst, aber – ohne mögliche Auswirkungen auf die komplexe Situation vor Ort zu kennen – vornehmlich die Kaffeebauern in Vietnam (bzw. im Globalen Süden) vor große Herausforderungen stellt.

Keywords: Nachhaltigkeit, Kaffeeanbau, agrarische Praktiken, Standards, Zertifizierung, Entwaldung, EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), Waldschutz, Vietnam

This paper examines the role of consulting firms in the sustainability transformation in Germany, with a particular focus on whether, to what extent and why large global producer service firms (PSFs) (such as the Big Four accountancy firms) are likely to become strategic players in this field in the future. The paper’s key findings are: 1) While currently many companies perform the tasks associated with sustainability transformation still in-house, and of those that outsource these tasks, a significant proportion choose small, nationally operating companies, our research reveals that in particular large corporations with global operations seek out globally positioned consultancies. 2) Results also indicate that the global producer service firms will rapidly expand their market position, on the one hand because the globalisation of sustainability regulations will require service providers that can better master the resulting requirements due to their geographic organisation, and on the other hand because only large consulting firms can handle the interweaving of sustainability issues with the core business issues of companies, i.e. financial and legal issues. 3) Accordingly, sustainability services are becoming another area where global producer service firms are taking on strategic governance responsibilities for their clients.

Keywords: Sustainability transformation, global producer service firms (PSFs), green capitalism, Germany

This paper analyses the competitive advantages brought by location strategy in the furniture industry in Denmark. The competitive advantages achieved through location have been one of the main interests in the geographic economics research field. The aim of this study is to analyse the competitive strategy of agglomeration and clusters in Denmark through qualitative research using questionnaires and interviews. The result shows that the entire Danish furniture industry can be depicted as a national cluster based on Porter’s three cluster dimensions and value chain theory, which leads the industry to become more efficient. This analysis also confirms the existence of regional clusters and their constant innovation. There are different opinions about their existence: this analysis determines that they have neither moved to the big cities – Copenhagen and Aarhus – nor disappeared. They are still in West Jutland. The regional cluster in Skive, West Jutland can be taken as an industrial district or cluster. The competitiveness of the regional clusters is not decreasing but improving. The national and regional clusters have advantages and disadvantages that contribute to the competitiveness of the furniture industry in different ways. Finally, this article gives suggestions for policymakers, such as establishing industrial parks. In general, this will contribute to research in the field of agglomeration and cluster.

Keywords: Location, furniture, Agglomeration, national cluster, regional cluster, industrial district, Denmark, West Jutland

This article focuses on the analysis of the development of town twinning in East-Central and Eastern Europe (CEE countries) on the example of Poland. The study aimed to determine how the dimensions of intercity cooperation support the processes of Europeanisation and globalisation of a CEE country over the years in the face of major geopolitical events. We analysed the post-1945 partnerships of all 181 medium-sized towns in Poland. We used a triangulation of research methods, including quantitative and qualitative ones, to obtain more effective results. In the context of globalisation and Europeanisation, we proposed distinguishing three characteristic phases: initiation, development, and saturation. The recently growing phenomenon of untwining was also identified.

Keywords: Town twinning, sister cities, post-socialist country, Central and Eastern Europe, Poland

This study examines the dynamics of social capital and the role of Thai-connotated spaces in fostering social relationships among Thai marriage migrants in Austria. It addresses a gap in migration studies concerning the dual nature of social capital and its spatial formation in small migrant communities. While existing research often emphasises the benefits of social capital in migrant integration, fewer studies explore its simultaneous exclusionary and conflict-inducing effects. Drawing on qualitative data supported by a survey, the findings reveal that Thai-connotated spaces, such as Thai temples, restaurants, and shops, act as vital hubs for bonding social capital, offering emotional and material support through networks of trust and reciprocity. These spaces enable migrants to navigate their new environments by sharing information on language learning, employment opportunities, and cultural adaptation while also fostering solidarity through shared experiences. However, the study also uncovers the adverse effects of social capital, conceptualised as ‘social shackles’, where close-knit ties lead to exclusion, interpersonal conflicts, and social pressures. Jealousy, mistrust, and hierarchical relations often undermine mutual support, while cultural norms such as conspicuous consumption and the need to ‘keep face’ exacerbate tensions. Moreover, patriarchal control and exclusionary practices further marginalise certain individuals, illustrating the restrictive nature of social embeddedness within the Thai migrant communities.

Keywords: Social capital, Thai migrant women, marriage migrants, migration, Integration, diaspora communities, gender and migration

In the context of economic and geopolitical rivalry between the Gulf countries, Dubai, Abu Dhabi and Doha, three of the most outstanding exponents where globalisation is manifested in the region, have been focusing in recent decades on their economic diversification. This economic change is favouring their positioning in the global urban system and present themselves to the world as attractive destinations for business, investment, international trade, sports and tourism.In this positioning, air transport acts as a fundamental agent to intensify the interna-tional projection and promote a positive image of these three destinations, through their airports-airlines binomials. These are constituted as tools for the projection of power (both hard and soft) and effective means to make strategic investments in other countries, together with their respective sovereign investment funds. Using different international rankings and a multi-faceted methodology based on bibliographic review and the analysis and processing of statistical data from international organisations, the results reveal the growing competitiveness of these cities, thanks to the three major Gulf carriers and their respective airport hubs, which constitute powerful interconnection platforms that contribute to intensifying their global influence.

Keywords: Airport-airline binomial, Middle East (ME3) carriers, Gulf airport-hubs, rankings, world urban system

The paper describes the field research in two cities in the South Banat District. The aim was to determine whether the population used protected areas on the territory of their cities for recreation and excursions. Appropriate criteria were used to select a total of five protected areas: three in the territory of the City of Pančevo and three in the territory of the City of Vršac (one area covers parts of the territories of both cities). Field research was conducted in 2022 in the cities of Pančevo and Vršac, covering a total of 962 respondents. The study employed a combination of direct and online surveys, with data analysed using the Statistical Package for Social Sciences (SPSS). Key findings revealed significant socio-demographic influences on recreation patterns, with gender, age, and employment status shaping activity preferences and visit frequency. Motivational factors such as stress relief, physical activity, and nature appreciation emerged as the primary drivers of visitation. Accessibility, including transportation options, was also identified as a critical determinant of recreational engagement. The main contribution of this work lies in providing data that can be used as an additional guideline for planners, decision makers and managers of the selected protected areas. The results of the survey can guide further activities in these areas, while the tourist organisations of the two cities can grasp the profile of potential excursionists and recreationists (age, gender, mobility, activities they engage in) and their needs, which should be the focus of future marketing campaigns, all that with the ultimate goal of enhancing the quality of life of the urban population.

Keywords: protected areas, nature-based recreation, city dwellers, South Banat, Serbia

This research takes the cultural landscape of old tea forests of the Jingmai Mountain in Pu’er, Yunnan Province, China, as the research object. From the perspective of effective interpretation of heritage values, an evaluation system of the suitability of world cultural heritage tourism planning is constructed. In the following tourism planning from the perspective of effective interpretation of heritage values is transformed from an abstract concept to a practical and operable standard. Based on the analytic hierarchy process (AHP), this study comprehensively evaluates the suitability of world cultural heritage-based tourism planning in terms of various elements that constitute heritage tourism, such as heritage tourism resources, auxiliary conditions for heritage interpretation and exhibition tourism activities, and tourism planning and design. The scientific establishment of a world cultural heritage scenic area tourism planning suitability evaluation index system is developed to provide an important basis for rational development and evaluation of world cultural heritage popular science tourism.

Keywords: Heritage values, world cultural heritage, Analytic Hierarchy Process (AHP), tourism planning, evaluation system, tea forest, Jingmai Mountain, Yunnan, China

Die vorliegende Studie setzt sich zum Ziel, den aktuellen Gebrauch von Namen für ausgewählte geographische Gegebenheiten des Westbalkans in der deutschen Gegenwartssprachezu untersuchen. Für die Länder des heutigen Westbalkans, das heißt, Nordmazedonien, Albanien, Kosovo, Serbien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina, ist eine große kulturelle, ethnische und sprachliche Diversität charakteristisch, was sich auch in der Mehrnamigkeit der Region widerspiegelt. Diese Vielfalt wird auch im deutschsprachigen Diskurs reflektiert. Der Analyse wurden zwei deutschsprachige Reiseführer (aus den Jahren 2005 und 2022) unterzogen, in denen die Bezugnahme auf beinahe 800 geographische Gegebenheiten der Westbalkanländer identifiziert wurde. In diesem Zusammenhang wurde der Frage nachgegangen, inwiefern im aktuellen deutschsprachigen Diskurs die Endonyme verwendet werden oder aber sich eine Tendenz zur deutschen Exonymie abzeichnet. Darüber hinaus wurden endonymisch oder exonymisch generierte deutsche Benennungen kontrastiv mit endonymischen Ausgangsformen verglichen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Koexistenz Endonyme für dieselbe geographische Gegebenheit gelegt, die eine Folge der Zwei-/Mehrsprachigkeit bzw. Koexistenz zweier Sprachgemeinschaften in demselben Raum ist, wie in Nordmazedonien oder im Kosovo. Werden im deutschen Text für die geographischen Gegebenheiten des Kosovo vornehmlich sowohl die albanische als auch die serbische Namensform genannt, wird im Fall Nordmazedoniens bei der Wahl eines der beiden Endonyme, das heißt, entweder des mazedonischen oder des albanischen Namens, für die Basis der deutschen Namensform das Endonym der mazedonischen Sprache bevorzugt.

Keywords: