Zum ersten Mal seit mehr als 300 Jahren liegt der Kommentar des Augustinus (354-430) zu den Psalmen 1-32 in einer textkritischen Edition vor. Seit ihrer Entstehung (ca. 392-395 n. Chr.) waren die Enarrationes in psalmos als weit verbreiteter „Gebrauchstext in den Handschriften vielfältigen Eingriffen unterworfen, von denen die originale Textform verdrängt wurde. Derartige Änderungen betreffen nicht nur den Wortlaut (z.B. die Anpassung von Bibelzitaten an die gebräuchliche Version), sondern vor allem die äußere Form und die Anordnung der Texte: So konnte eine Predigt der Enarrationes als Fremdkörper erkannt werden und eine neue literarische Gattung der Psalmenerklärung rekonstruiert werden.