Die Gründung des delisch-attischen Seebundes 478/77 v. Chr. steht am Ende der erfolgreichen Abwehr der Perser durch eine Allianz griechischer Poleis. Die neu geschaffene Symmachie beruhte – im Unterschied zu ihrer Vorgängerorganisation – auf einem System fester Beitragsleistungen ihrer Mitglieder. Dieses Finanzierungsmodell ermöglichte in Verbindung mit anderen Vertragsbestimmungen eine effiziente Seebundpolitik, barg aber auch das Risiko des Missbrauchs durch die Hegemonialmacht. Die daraus resultierende Machtakkumulation Athens während der Pentekontaetie ist bereits mehrfach im Fokus althistorischer Untersuchungen gestanden. Ziel der vorliegenden, rechtshistorischen Studie ist hingegen die Erfassung der vertraglichen Struktur des Seebundes: Anhand des in literarischen und epigraphischen Quellen für die Geschichte der Allianz fassbaren Materials wird der Versuch unternommen, ein „Formular“ der Gründungsbestimmungen des delisch-attischen Seebundes zu rekonstruieren und seine formale Ausrichtung zu ergründen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird die Transformation einzelner Vertragsklauseln im Zuge der bereits kurz nach der Seebundgründung einsetzenden Welle an Abfallsversuchen von Mitgliedern der Symmachie eingehend analysiert.