Inschriften gehören zu den bedeutendsten schriftlichen Überlieferungen der Vergangenheit; dennoch stellt ihre systematische Erforschung für die Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit erst einen Trend der jüngeren Geschichtswissenschaft dar. In Österreich hat die systematische Untersuchung dieser Quellengattung im Rahmen der renommierten Editionsreihe der „Deutschen Inschriften“ bislang den Osten des Landes im Blick gehabt. Dieser eingeschränkte Blick wird mit der vorliegenden Edition erweitert, da hier erstmals ein Tiroler Bestand systematisch erforscht und für die Geschichtswissenschaft erschlossen wird.
Mit den Inschriften der drei Politischen Bezirken Imst, Landeck und Reutte präsentiert der Band eine völlig anders gelagerte Inschriftenlandschaft als im Osten des Landes: Hier stehen nicht die Denkmäler des Totengedenkens im Mittelpunkt, sondern die für die Tiroler Inschriftenlandschaft charakteristischen gemalten Inschriften. Vor allem die reichen barocken Fassadendekorationen und die gotischen Kirchenausmalungen im Oberland sind oft mit umfangreichen Inschriften versehen, so dass diese Gruppe mit rund einem Drittel auch den Großteil des hiermit vorliegenden Bestands ausmacht. Der Band stellt somit nicht nur ein bedeutendes Nachschlagewerk für die historische, sondern auch für die kunsthistorische Forschung dar. Neben Grabdenkmälern, Glocken und kirchlichen Ausstattungsgegenständen werden auch zahlreiche Graffiti erschlossen, die Einblicke in die persönliche Frömmigkeit, aber auch die rege Reisetätigkeit durch Tirol in der Frühen Neuzeit bieten.
Neben bedeutenden Wallfahrtsstätten, etwa in St. Georgen ob Tösens, Kaltenbrunn und Obsaurs, bietet der Band einen Einblick in die durch den regen Fernverkehr über Fern- und Reschenpass geprägten Ortschaften, unter denen Imst und Landeck besonders reiche Quellenbestände bieten. Weit über die Landesgeschichte Tirols hinaus sind insbesondere die Inschriften aus dem Umfeld der Grablege der Tiroler Landesfürsten, des Zisterzienserstiftes Stams, von Bedeutung, die einen wesentlichen Teil des hiermit erstmals systematisch vorgestellten Bestandes ausmachen.
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