Joint Academy Day 2023: ÖAW | Leopoldina
Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation in Zeiten der multiplen Krise
Die Nähe oder Ferne zur Politik ist eine zentrale Kategorie der wissenschaftlichen Verortung. Hier ist höchste Sensibilität gefragt: Zu nah, droht das politische Verglühen, zu fern, die politische Bedeutungslosigkeit. Das Finden der richtigen Distanz ist eine immanente Aufgabe für die Institution und für die Forschenden selbst. Privat mag jeder und jede denken, was er oder sie will. Aber in dem Augenblick, wo die Autorität der Wissenschaft zur Legitimierung öffentlicher Aussagen verwendet wird, ist Redlichkeit geboten, und zwar sowohl vonseiten der Forschenden als auch vonseiten der Politik. „Viele meiner Kollegen haben das unstillbare Bedürfnis, in der Nähe der Politik zu sein. Die Politik wiederum hat sehr oft das Bedürfnis, die Wissenschaft als Hilfstruppe einzusetzen.“ Werner Welzig, langjähriger Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, hat die Sache treffend eingeschätzt. Er empfiehlt allen Beteiligten Zurückhaltung: „Wir Wissenschaftler müssen Respekt haben vor dem, was Sie als Politiker tun. Sie wiederum sollen uns durchaus einsetzen, aber nicht unmittelbar für tagespolitische Zwecke. Ein gewisser Abstand von beiden Seiten ist für beide Seiten hilfreich.“ Dieser Rollentausch des Wissenschaftlers, der sich ad hoc zum Politiker aufschwingt, ist ebenso problematisch wie jener des Politikers, der plötzlich meint, der bessere Wissenschaftler zu sein. Es geht in den vorliegenden neun Thesen um die systemische Abgrenzung, um Information versus Legitimation. Es geht auch um Fragen wie: Wer bestimmt die Weite oder die Enge einer zu bearbeitenden Fragestellung? Wie gehen wir mit der erforderlichen Interdisziplinarität um? Wie transparent muss und soll der Prozess der Generierung einer Expertise sein?