Auch nach der Abreise des österreichischen Botschafters Mercy-Argenteau aus Paris im Herbst 1790 sorgte ein beachtliches Bündel von Verbindungslinien dafür, daß weiterhin verläßliche Informationen in die Staatskanzlei nach Wien gelangten. Eine zentrale Nachrichtendrehscheibe war der Botschaftssekretär Franz Paul Zigeuner von Blumendorf, der von Oktober 1790 bis Mai 1792 in Paris als Geschäftsträger amtierte. Er betreute als eine Art Verteilerstelle den geheimen Briefverkehr Botschafter Mercy-Argenteaus, der ab Januar 1791 die österreichische Frankreichpolitik von Brüssel aus steuerte, besonders die Korrespondenz mit Königin Marie-Antoinette und vertrauten Informanten, und mußte natürlich als vorgeschobener Beobachtungsposten auch den vorgesetzten Behörden in Wien über die aktuellen Entwicklungen in Frankreich berichten. \r\nDie vorliegende Arbeit macht jetzt erstmals Blumendorfs überraschend nuancierte und detailreiche Berichte an Staatskanzler Kaunitz in kritischer Edition zugänglich und ordnet sie in einer ausführlicheren aktenkundlichen und überlieferungsgeschichtlichen Einleitung in das dichte Informationsnetz der österreichischen Frankreichpolitik ein. Die Relationen des k.k. Geschäftsträgers werfen nicht nur interessante Schlaglichter auf die revolutionäre Entwicklung in Frankreich, sondern illustrieren auch besonders eindrucksvoll die sich ab Herbst 1791 zwischen Wien und Paris dramatisch aufbauende Kriegsstimmung bis zur Kriegserklärung der französischen Nationalversammlung an Franz II. am 20. April 1792. Der Auftakt für nahezu ein Vierteljahrhundert kriegerischer Verwicklungen in Europa!