Antike Rechtsgeschichte
Einheit und Vielfalt
Das von Leopold Wenger zu Beginn des 20. Jahrhunderts universalhistorisch geprägte Konzept der Antiken Rechtsgeschichte hat durch Walter Selb eine entscheidende Wandlung erfahren. Nicht die einheitliche Entwicklung, die im justinianisch-römischen Recht gipfelt, sondern die Vielheit parallel existierender Rechtsordnungen, die einander durchdringen und wechselseitig beeinflussen, steht für ihn im Vordergrund. Exemplarisch hat er das in seinen Arbeiten zu den Rechtsquellen der christlich-orientalischen Kirchen gezeigt. Die Einheit liegt für ihn in der Fragestellung und Methode, womit die antiken Quellen, vom Alten Orient bis in die byzantinische und metabyzantinische Zeit, zu erschließen sind. Acht Jahre nach seinem Tode am 2. Juni 1994 hat Hubert Kaufhold das gemeinsam mit ihm verfasste Opus Magnum, die Neuedition des Syrisch-römischen Rechtsbuches, vollendet. Aus diesem Anlass trafen sich am 29. Oktober 2002 Vertreter des Faches zu einer Tagung, um anhand konkreter Fragen den heutigen Standort zu umreißen, konsequenterweise im Sinne der Vielfalt. \nDer Band enthält die Beiträge von Gerhard Ries, München (Alter Orient), Alberto Maffi, Mailand (Griechisches Recht), Hans-Albert Rupprecht, Marburg an der Lahn (Papyri), Detlef Liebs, Freiburg i. Br. (nachklassische römische Rechtsliteratur) und Ludwig Burgmann, Frankfurt a. Main (Fortleben byzantinischer Rechtstexte). Hubert Kaufhold, München, und Peter E. Pieler, Wien, bringen persönliche Erinnerungen an die Arbeit mit Walter Selb.